13.07.2015, von Jessica
Müller
Von Innsbruck geht es volle Kraft voraus und so treffen wir am Samstag Nachmittag bei unserer Jugendherberge ein. Mit dabei sind die üblichen Verdächtigen: Roman, Domi, Michi, Max, ich. Von unseren Mentoren Lisi und Christian. Bei Temperaturen von über 30°C wird uns schnell klar, dass der Ausflug leider nichts mit Eis zu tun haben wird. Naja, üben wir uns halt im Rissklettern.
Am ersten Tag geht es mit der Aiguille du Midi Bahn auf 3800m um dort an der Südwand zu klettern. Komplett unakklimatisiert habe ich selbst beim Absteigen zur Tour schon ganz schön zu schnaufen. Aber das frühe Aufstehen hat sich gelohnt, wir sind die erste Seilschaft und können in die Contamine einsteigen. Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber bis heute war mir echt nicht klar, wie anstrengend klettern eigentlich sein kann. Das läuft heute einfach nicht rund. Dann noch ein Sturz in einen Keil, der dummerweise nicht hält… Motivation, quo vadis? Irgendwie hab ich heute keinen Bock mehr. Ich lasse die letzte Seillänge, mit 7a die Schlüssellänge, die Max souverän durchsteigt, sausen und mache es mir auf einem kleinen Podest gemütlich. Beim Warten wird mir schwindlig, mir ist schlecht. „Wo bleiben die denn?!“ Nach dem Abseilen geht’s mir aber gleich wieder besser. Okeeeeey, nagut, vielleicht hat Max ja Recht und ich hab mich bisschen reingesteigert. Macht nichts, es kann ja nur besser werden :-)
Am zweiten Tag geht’s von der Mittelstation aus zum Einstieg des Aiguille du Peigne. Ich lasse Max, Michi und Lisi mal ihre 7a klettern und schließe mich der gemütlicheren Gruppe an. Auch heute bin ich nicht ganz fit und die Contamine fordert mich ganz schön. Aber bei einer so coolen Tour ist auch die Hitze und die Höhe egal – Motivation, schön dass du wieder da bist :-)
Damit unsere Eisgeräte doch noch zum Einsatz kommen, ist für Tag drei Drytoolen angesagt. Ein lustiger Anblick ist das: kurze Hosen, T-Shirt, Steigeisen, Sonnencreme und die Hu.gos in Händen. Und damit meine ich jetzt nicht das erfrischende Holunderblüten-Zitronenmelissen-Prosecco-Sommergetränk … Am Abend gibt’s ein kühles Bier und erste Diskussion über mögliche Ziele für unser Abschlussprojekt im nächsten Jahr.
Der nächste Tag bringt Windgeschwindigkeiten von über 80km/h. Vielleicht nicht die beste Idee auf fast 4000m rumzuspringen. Wir schauen uns mal die andere Seite von Chamonix an und fahren in das Massif des Aiguilles Rouges und siehe da: Hier gibt es keine Risse weit und breit, nur wunderschöne Wandkletterei. Da fällt die 6c+ gleich wieder viel leichter. So mag ich das. Der starke Wind macht Abseilen unmöglich und Absteigen mit Kletterschuhen ist wenig nett und eher schmerzhaft. Zum Glück haben wir Mama Lisi mit dabei. Sie spart uns die letzten Meter und bringt unsere Rucksäcke vorbei.
Heute geht es nochmal zum Rissklettern an der Südwand des Lachenal. Für Michi und Lisi nochmal ein genialer letzter Klettertag, da sie uns heute schon verlassen müssen und damit leider nicht am Highlight der Woche dabei sein können: Klettern am Grand Capucin. Dafür fahren wir, die Zelte im Rucksack mit der Midi-Bahn hoch und laufen rüber zur Mittelstation der Hellbronner-Bahn, wo wir es uns gemütlich machen. Leider wird ein kurzes Nickerchen von einer lärmenden Gruppe italienischer Schüler unsanft beendet. Egal, sonst hätten wir`s wahrscheinlich hoffnungslos verpennt. Wir starten los, erneut in Richtung Aiguille d'Entreves. Eine coole Gratüberschreitung und eine nette Nachmittagsbeschäftigung mit Blick auf den Grand Capucin, unser eigentliches Ziel für morgen. Die Größe der Randspalte lässt Zweifel an unserem Unternehmen aufkommen. Wir entscheiden uns als Alternative den Rochefortgrat zu gehen und wollen anschließend eine Route auf den Dent du Geant klettern. Dafür stiefeln Roman und Christian am Abend extra noch zum Rifugio Torino um ein Topo zu suchen. Ich bin mir nicht sicher, ob das nur ein Vorwand war um sich noch das ein oder andere Bier zu gönnen.
Aber es sollte alles ganz anders kommen. Um 4.32!!! starten wir. Wie Christian bemerkt ist das zwei Minuten später als geplant. Jetzt kann es aber „endlich“ losgehen. Naja nicht lange allerdings. Nach einer dreiviertel Stunde, ein Kommentar von Max: „I hob mein Hoim vergessen“. Oh, ich glaube Christian explodiert gleich. Naja hilft nichts, wir müssen alle zurück. Nun mit eineinhalb Stunden Verspätung ist klar, dass nur noch eine der beiden geplanten Touren möglich ist. Nachdem wir die letzten Tage viel geklettert sind, entscheiden wir uns für den Firngrat. Wir packen unsere Klettersachen wieder aus und legen eine extra Schlafeinheit ein. Halb 8 Uhr, ein neuer Versuch: Aber irgendwie wird’s nicht besser... Domi verliert alle paar Meter seine Steigeisen. Dass kann’s wohl nicht sein, auch der Rochefort wird knapp und unsere Klettersachen liegen schön unten im Zelt. Oh Mann, heute läuft echt alles schief. Die einzige sinnvolle Alternative ist nun der Normalweg auf den Dent du Geant, also mit dicken Hanfseilen zum Gipfel. Genervt davon wie der Tag bisher verlaufen ist, wollen Maxi und ich nur noch oben ankommen und geben die 130 Klettermeter richtig Gas. Am Gipfel ist alles vergessen. Warum Christian heut morgen echt angefressen war? „…bei jedem vereinbarten Treffpunkt fünf Minuten zu spät …“ Trotzdem war’s eine echt geniale Woche. Und unsere Uhren werden nächstes mal einfach fünf Minuten nach vorne gestellt… :-)
Touren die geklettert wurden:
1. Aiguille du midi
- Contamine 7a
- Rebuffat 6a+
- Cosmiquegrat 4
2. Aiguille du Peigne
- Contamine 6a
- Fermeture eclair Kombination 7a
3. Aiguilles Rouges
- Piano forte 6c+
- Manhattan 6a
4. Pointe Lachenal
- Contamin 6b
- Or Or 7a+
5. Aiguille d'Entreves Traverse 5a
6. Dent du Geant